Beiträge zur Verfassung einer Heimatkunde
von Pixendorf

Gesammelt von Schulleiter Josef Fischer

1894

Kapelle

ÖKR. Friedrich Rienößl


Danksagung:

Herr ÖKR Friedrich Rienößl hat die Ereignisse, die der damalige Schulleiter von Pixendorf, Herr Josef Fischer im Jahre 1894 zusammengetragen hatte, für uns aus der Kurrentschrift in unsere Schreibschrift niedergeschrieben.
ÖKR Friedrich Rienößl
1992

Der Wortlaut und die Ausdrücke der damaligen Zeit sind originalgetreu wiedergegeben worden.
Walter Bisak
2010

Inhaltsverzeichnis:

Boden, Gewässer und Klima
Brauhaus
Dorfleben und Bewohner
Gemeinde
Industrie, Handel und Verkehr
Jahreszahlen und Ereignisse
Kapelle
Schloß und Herrschaft
Schule
Sitten, Gebräuche und Sagen

Die Kapelle

Die Kapelle liegt am Fuße des Hügels, auf dem die Schule steht, südlich von der Straße auf einem freien Felde.

Auf Antrieb des Einsiedlers und Instruktores Andre Mayr faßte die Gemeinde Pixendorf den Entschluß, sich im Dorfe eine Kapelle zu bauen, weil der Weg nach Langenrohr, wohin Pixendorf eingepfarrt war, oft ungangbar war und stellte das diesbezügliche Ansuchen an die Gutsherrschaft Judenau, worauf mit Bescheid vom 17. März 1781 die Bewilligung erfolgte. (Dektretationsprotokoll Judenau v.J. 1740)

S. Durchlaucht Fürst Franz Josef Liechtenstein überließ unentgeldlich den Bauplatz, (gehörte ohnedies der Gemeinde) eine ungenannte Person spendete 200 fl., der Dorfrichter Leopold Wenninger und die Geschworenen Leopold Neufner und Mathias Niederberger leiteten eine Sammlung ein. Die Gemeinde verpflichtete sich mit Revers vom 10. Mai 1781 zur Erhaltung der Kapelle.

Dieser Revers lautet:

Wir Leopold Wenninger, Richter und ganze Gemeinde des zur hochfürstlichen Franz Joseph Liechtensteinischen Herrschaft Judenau des V.O.W.W. angehörigen Dorfes Pixendorf, nachdem und eine gotteseifrige Seele zur Erbauung einer Capell 200 fl. geschenket, wie auch somit durch unser eigenes Zutun und Beihilf gemäß der von unserer Gnädigsten Herrschaft erteilten Erlaubniß und hierzu angewiesenen Ort entschlossen seie, sotanes Gott gefällige Werk zu Abbettung eines Rosenkranzes in Sonn- und Feiertägen oder dessen Vorabend in Erfüllung zu setzen, als haben wir uns einer vor alle und alle vor einen mittels gegenwärtigen Instrumente dahin verpflichten und verravisieren wollen, dieser Bau, wie bemerkt auf unser eigene Unkosten nicht allein vorzunehmen und auferbaulich herzustellen, sondern auch solch neuerbaute Capell immerhin bei guten Stand zu erhalten, weder in diese zum etwaigen Nachteil der Pfarrkirchen einen Opferstock zu errichten, noch weniger alldaiger Abhaltung einer heil. Messe bei einem Venerabili Consistori anlangen wollem noch sollen.

Zu mehrer Bekräftigung dessen wir diesen Revers für uns und im Namen der ganzen Gemeinde unterfertigen.

Geschehen Pixendorf, den 10. Mai 1781

Leopold Wenninger m.p.
Richter m.p.

Mathias Niterberger m.p.
Geschworener allda.

Leopold Neißer m.p.
zu Pixendorf Geschworener

Gegenwärtiger Revers ist mit Herrschaftlichen Wissen und Willen errichtet und ausgestellt, daher auch von Herrschafts wegen Ratificiert wird.

Schloß Judenau, den 12. Mai 1781

Hochfürstlicher Liechtensteinischer Amts - Canzlei allda
Leopold Friedberger m.p.
Verwalter

Umgeben von 5 alten Lindenbäumen, ist innen gewölbt, der Altar nach Süden gerichtet, mißt außen ... m Länge und ... m Breite und ist innen ... m hoch, umfaßt einen Flächenraum von 46,5 Quadratklafter. Sie ist mit Schindeln gedeckt und mit einem hölzernen mit Blech gedeckten Türmchen aus Eichenholz versehen auf welchen 2 Glocken hängen, die eine 31 pf = 17,36 kg schwer gegossenen, die andere 104 pf = 58,24 kg schwer

Die Gemeinde bezog zum Bau die Ziegel von der Herrschaft Judenau u.z. aus den Ziegelöfen von Judenau und Pixendorf und blieb den Betrag von 16 fl. 8 2/4 kr. schuldig. Über Ansuchen der Eremiten und der Gemeinde schenkte der Fürst Alois Liechtenstein unterm 26. August 1783 den Rest. (dek. Prot. Jud. v.1740) Auch zum Bau der Johanniskapelle in Michelhausen 1734 wurden die Ziegel von Pixendorf und Judenau besorgt. (Kirchenabrechnung Michelhausen)

1784 wurde die Kapelle zu Ehren der hl. Einsiedler Anton und Paul mit einem Tadeum und einer Musikbegleitung eingeweiht.

Kurze Zeit nach er Erbauung war aber schon ein Opferstock bewilligt und erhielt die Kapelle, wahrscheinlich 1786 eine Meßlizenz, denn dann am 19. November 1789 suchte die Gemeinde um Erstreckung derselbsen auf weitere 3 Jahre an, die auch erteilt wurde u. zw. jährlich am Kirchweihfests und am Feste der hl. Anton und Paul, Einsiedler, doch nur eine stille Messe halten zu lassen. (Prot. v.J. 1789 d. bischöfl. Konsis. Kanzl. Nr. 1105)

Da die 1784 gegossene Glocke im Winter 1861/62 einen Sprung bekam und da die vom Schmiede naiver Weise vorgenommenen Verlötung nichts half, dachte die Gemeinde Pixendorf eine neue anzuschaffen und wendete sich deshalb an den K.K. Hof Glockengießer und Bürger von Wiener Neustadt Ignaz Hilzer mit der Anfrage, ob und wie teuer er den Centner Glocke liefern kann und um welchen Preis er die zersprungene annehme.

Mit Schreiben vom 23. März 1862 antwortete Hilzer dahin, daß er die Glocke anfertigen wolle und für den Zentner 97 fl für Helm, Schwengel, Aufhängriemen und alle Eisenteile 18 fl begehre, die neue Glocke binnen 3 Wochen liefere und die alte um 68 kr per Pfund übernehme und der Anfrage wohin er die neue Glocke zu schicken habe.

Unterm 25. Juli 1862 suchte die Gemeinde Pixendorf durch ihren Ortsvorsteher Franz Wippl und dem Schullehrer Herrn Karl Vater bei der Ordinariate St. Pölten um die Benedicierung der neuen Glocke zu Ehren der hl. Einsiedler Anton und Paul an und um Bekanntgebung des Benedictionstages.

Unterm 17. September erließ die bischöfliche Consistorium die Weisung, daß die Weihe am 20. September 1862 vorgenommen werde und daß die Glocke an diesem Tage rechtzeitig zur Domkirche in St. Pölten gebracht werde. Am 20. September erfolgte durch S. Gnaden Herrn Bischof Ignazius Feigerle die Weihe in honorem hl. Antonis et Pauli Eremit und die Glocke wurde noch am selben Tage von Franz Wippl und Michael Schwarz nach Pixendorf gebracht, wo sie einstweilen, da der Glockenstuhl zuvor ausgebessert und manches vorgerichtet werden mußte im Hause Nr. 3 deponiert wurde.

Die feierliche Übertragung der Glocke nach der Kapelle ward auf den 2. Oktober 1862 anberaumt. Die Glocke stand mit Blumen bekränzt einem Kruzifix und brennenden Kerzen auf einer verzierten Bahre. Der Zug in folgender Ordnung, Ministranten mit dem Pfarrkreuz, die Schulkinder, die Musiker, weißgekleidete Mädchen mit Blumen in den Haaren und Blumenkränze in den Armen, der Pfarrer in Rochet, Stola und rotem Pluviale, die Bahre mit der Glocke getragen von acht weißgekleideten Jungfrauen, die acht langen rot-weißen Bänder wurden von ebensolche Jungfrauen getragen, vier Männer mit Traglaternen, die Gemeinde Pixendorf und zahlreichen Freunden den freundlichen Rosenkranz betend.

Die kleine Glocke im Turme begleitete den Zug mit ihrem Schalle und hieß ihre Schwester willkommen. Nach beendigter Ansprache gab der Pfarrer mit dem Aspergite drei Schläge auf die Glocke, besprenge sie mit Weihwasser, die Glocke unter Trompeten und Paukenschlag aufgezogen, der Schwengel befestigt und auf den Glockenstuhl gehoben. Hierauf folgte die heilige Messe.

Der obere Teil der Glocke trägt das Bild des hl. Anton, das Jesuskind in der rechten ein Lilienzweig in der linken Hand haltend und darunter: St. Antonius Eremita. Am unteren Rand der Glocke steht: Angeschafft durch die Gemeinde Pixendorf, auf der entgegengesetzten Seite steht in einem Ovale: IGN. HILZER K.K. GLOCKENGIESSER IN WR. NEUSTADT 1862.

Die Lampe zum ewigen Lichte wurde 1863 angeschafft, die am Chore befindlichen Orgel wurde von den Franzosen in ihrem Übermute zerstört.

Zur Kapelle gehört ein Acker an der Straße nach Judenau, Ried Burgstallberg, als Steingraben mit 688,3 Quadratklafter, derzeit um 5 fl. jährlich verpachtet, welcher der Gemeinde laut Gewährungsauszug v. 13. Nov. 1856 mit einem Grunddienste von 7 2/4 kr. an die Herrschaft als Eigentum zugeschrieben wurde, nachdem dieser Grund durch Zahlung der Renovation v. 1826 bis 1836 an sie übergegangen war und ein Kapital von 11 fl. ConsM. = 11 fl. 55 kr. Ö.W. das dem Alois und der Johanna Stohl, Eigentümer des Hauses Nr. 10 mit Schuldschein v. 1. Jänner 1856 übergeben wurde und dessen derzeitigen Eigentümer, Ferdinand Stohl, Sohn des Genannten dasselbst mit jährlich 57 1/2 kr. verzinst.

1782 verlangt die Gemeinde aus der Pfarre Langenrohr aus - und in der Pfarre Michelhausen eingepfarrt zu werden. Der Ollersbacher Dechant rät hierauf ein, die Bewohner "wegen Wasser" oft nicht nach Rohr gehen können. (Archiv der Pfarre Ollersbach)

1786 am 18. Juni wird mittels Regierungsbescheides die Umpfarrung von Pixendorf nach Michelhausen genehmigt. (Exhib. Prot. d. Cons. St. Pölten 1786 Nr. 691 Tulln)

Der Gottesanger

Pixendorf besaß auch einen Friedhof "in langen Berg", der zur Reformationszeit zum Begräbnisse diente und auch wahrscheinlich um diese Zeit errichtet wurde, weil man die Leichen oft nicht nach Langenrohr bringen konnte, da der Weg dahin durch Überschwemmungen oder bedeutender Schneefälle ungangbar war.

1643 am 17. Oktober ist in dem Steinhäusel ein Lutherisch Weib gestorben, die Maria genannt und zu Pixendorf begraben worden. (Totenprotokoll d. Pfarre Abstetten)

1651 am 9. Oktober ist Johann Schemann, Wirt zu Atzelsdorf im Gottesanger zu Pixendorf begraben worden. (Totenprotokoll Michelhausen)

Westlich vom Dorfe an der Scheuer stand eine Eichene Säule mit der Inschrift: L. W. 1797 (Leopold Wenninger + 1797) mit der Bitte der hl. Dreifaltigkeit. Dasselbst verbrannte mit der Scheuer 1870 und befindet sich dasselbst ein neues Bild, die Krönung der Gottesmutter darstellend.


1805 und 1809 wurden alle im Militärspitale zu Pixendorf verstorbenen Franzosen und Deutsche in diesem Gottesanger begraben. Beim Graben eines Kellers stieß der Eigentümer des Hauses Nr. 40, Franz Maier, auf sehr viele Knochen, so daß er zum Graben aufhörte und Sebastian Bräunsteiner errichtete in den dreißiger Jahren auf dem "Gottes Anger" ein Kreuz. Da dasselbe 1868 verfallen war, wurde es von Leopld Ruck wieder erneuert, aber nicht mehr auf denselben alten Platz, sondern am Wege.

Auch östlich vom Dorfe steht ein hölzernes, rot angestrichenes Kreuz mit Christus aus Blech und einen Opferkasten und der Inschrift: 18 Joseph Ruprechsthofer 38.

Im Gedenkbuche der Pfarre Michelhausen heißt es, daß 1830 oder 1831 aus dem Friedhof Äcker gemacht wurden.

 

Nachwort des Abschreibers:

Von Mitte August bis Mitte Oktober 1992 habe ich die auf 154 Seiten in schönster Kurrentschrift geschriebenen „Beiträge zur Verfassung einer Heimatkunde von Pixendorf“ gesammelt vom Schulleiter Josef Fischer, Schulleiter von Pixendorf, angelegt im Jahre 1894 auf 122 Maschinschreibseiten, buchstabengetreu abgeschrieben.

Nur bei einzelnen Wörtern habe ich statt dem damals verwendeten C, das heute gebräuchliche K oder Z verwendet. Es war für mich eine hochinteresannte Arbeit die ich gerne gemacht habe. Schön wäre es, wenn die „Beiträge“ ihren Zweck erfüllen könnten.

Wenn ich durch meine Abschrift ebenfalls einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte, so freue ich mich darüber. In unserer so schnelllebigen Zeit würde ein Blick in die Vergangenheit unserer Heimat manches mal von großen Nutzen sein.

St. Valentin im Oktober 1992, Friedrich Rienößl

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